Home  /  TRAVEL   /  Indien Bhakti Yatra – Ein Reisebericht

Indien. Farbenprächtig. Religiös.Vielfältig und Atemberaubend.

 

Indien hält viele Gegensätze, Abenteuer, Erfahrungen und Lehren bereit. Brigitte Wehrmann befindet sich auf unserem Indien Bahkti Yatra und berichtet von ihren Erlebnissen auf dieser Reise. Lasst Euch mitreisen und taucht ein in eine Welt von Kirtan, Grenzen und Göttlichkeiten.

 

Indien und seine Vielfalt

 

Jetzt also wieder nach Indien. Zum dritten Mal fliege ich in dieses riesige Land, das auf unseren Landkarten gerne in der Größe von Westeuropa dargestellt wird, in Wahrheit jedoch mehr als doppelt so groß ist.

 

Ein Kontinent voller Widersprüche: die wunderschöne Frau im seidig-glänzenden Sari, welche auf dem staubigen Boden vor einer Feuerstelle hockt. Heilige Kühe auf den Straßen, schmutzig, abgemagert, voller Insektenstiche und doch gesegnet. Bleibt ihnen vermutlich doch das Schicksal erspart ihr Leben als Steak in einem Tiefkühlregal zu beenden. Indien – eine Kultur, die das Leben zelebriert mit all seinen Höhen und Tiefen.

 

Ich bin gespannt, was mich bei diesem Besuch erwarten wird.

 

Goverdhan, Badrinath, Barsana, Bandgaon – die göttliche Spielwiese von Krishna und Rada

 

Die erste Station auf dieser Reise ist Goverdhan, eine Pilgerstadt im Bundesstaat Uttarpratesh. Ich komme weit nach Mitternacht auf dem Flughafen in Delhi an. Der Taxifahrer, welcher mich zum Hotel bringen soll, rast mit gefühlten 200 km/h über die Straßen mit unzähligen Schlaglöchern und halt mit zwischendurch Handyfotos von seiner  Familie vor die Nase. Kurz vor Goverdhan überrascht und ein Gewitter mit Blitz, Donner und Regen. Was die Spaziergänger auf der dämmrigen Straße jedoch nicht sonderlich zu stören scheint.

 

“Das sind Pilger”, klärt mich der Taxifahrer auf. “Sie umrunden zu Fuß den heiligen Berg. Wissen Sie, wer Krishna ist?” Klar habe ich schon von der hinduistischen Gottheit Krishna gehört. Sie ist neben Yoga schließlich einer der Hauptgründe für meine Reise hierhin.

 

Später erfahre ich, dass Krishna in dieser Gegend in einem kleinen Dorf aufgewachsen ist. Hier traf er auch Rada, eine Kuhmagd aus dem Nachbardorf, welche die Gabe besaß aus Kuhdung sehr wohlschmeckende Mahlzeiten zuzubereiten. Die Liebe zwischen Krishna und Rada gehört zu den Zentralthemen des Hinduismus und ist unter anderem auch eine Meditationsübung hinduistischer Praktizierender.

 

An diesem Morgen schafft Vish, der Kirtanmusiker aus unserer Reisegruppe den Weg um den heiligen Berg in rekordverdächtigen dreieinhalb Stunden. Doch da liege ich noch im Bett des Brij Vasundhara Resort & Spa und schlafe meinen Jetlag aus.

Krishna und Rada

 

Am Nachmittag treffe ich endlich auf die Reisegruppe. Viele kenne ich bereits vom Yogaüben aus München. Andere kommen aus Schweden, Luxemburg oder sind von weiter entfernt aus Kanada, Florida oder Hawaii angereist. Und natürlich sind auch die Lehrer und Musiker bei der Vorstellungsrunde anwesend. Petros, begnadeter Yogalehrer und Musiker, welcher die Tour initiiert hat. Visvambhar “Vish”, Kirtanmusiker aus den USA, geboren und aufgewachsen in Indien und Shreyaz, unser indischer Organisator vor Ort, welcher sich als gefühlvoller Sänger und vielseitiger Instrumentalist entpuppt.

 

Die Liebe zwischen Krishna und Rada, die übrigens niemals verheiratet waren, gehört zu den mitunter wichtigsten Themen auf dieser Pilgerreise. Egal ob beim Asana-Üben auf der Matta, im Speisesaal des Hotels, beim Kirtansingen oder bei den Tempelbesuchen, immer geht es darum, die Dualität zu überwinden. Unter Dualität versteht man beispielsweiße den Gegensatz zwischen Innen,- und Außenwelt. Ich und der Andere aber auch um die Dualität zwischen Mann und Frau geht es. Dass die Überwindung der Dualität möglich ist, wird uns beispielhaft anhand der Liebe zwischen Krishna und Rada vorgelebt.

 

Bemerkbare Veränderungen

 

Beim Asana-Üben merke ich schnell, dass sich hier in Indien etwas verändert hat. Während es in München oft eine, wenn auch geliebte, rein physische Aktivität ist, verliert dieses Körperliche hier an Bedeutung. Ich höre meinem Atem besser zu. Merke, dass er leider nicht immer das tut, was ich möchte und versuche trotzdem so gleichmäßig wie möglich zu atmen: aus, ein, aus, ein.

 

Ich vergesse, dass meine Matte statt auf dem gepflegetn Boden eines Yogastudios auf den kalten Steinfliesen des Speisesaals liegt. Nur der Atem zählt. Ist er es doch, der die Verbindung zu den anderen Übenden herstellt, die ebenfalls versuchen gleichmäßig zu atmen. Und plötzlich wandelt sich die anstrengende Asanapraxis zu einem einzigartigen Gruppenerlebnis.

 

Musiziert wird auf der Reise eigentlich fast immer. Abends im Hotel auf dem Rasen vor einem der vielen kleinen Bungalows. Im Bus, wo Petros, Vish und Shreyaz fast die ganze Zeit singen, Trommeln und Harmonium spielen, unterstützt von der Gruppe, von denen einige ihre eigenen Instrumente mitgebracht haben. Und natürlich bei den Tempelbesuchen in der Umgebung: Vrinda-kund, dem Rada-Tempel in Barsana oder dem Shiva Tempel in Badrinath – um einige zu nennen.

 

 

Die Grenzen werden gesprengt

 

“Beim Kirtansingen geht es einzig darum, den Wunsch nach noch mehr Kirtan zu erzeugen”, erklärt Vish. Unter Kirtan versteht man die Verehrung von Gottheiten durch das Singen ihrer Namen auf Sanskrit. Die Verbindung von einzigartigen Melodien mit komplexen, hoch differenzierten Rhythmen entfaltet schnell eine atemberaubende Wirkung. Man möchte gar nicht mehr aufhören zu singen und mit dem Göttlichen in Verbindung zu treten.

 

Das merken wir auch im Tempel von Rada, welchen man über eine lange und breite Steintreppe, hoch über der Stadt Barsana erreichen kann. Kaum hatten Vish und Shreyaz ihre Instrumente ausgepackt und angefangen zu singen, da begann plötzlich eine große Gruppe der im Tempel Anwesenden zu den Trommeln der beiden Musiker zu tanzen und zu singen. Wir “Westler” genauso wie die Einheimischen selbst. Der Boden vibrierte und einige indische Kids machten Gruppenselfies, welche nun vermutlich auf deren Facebookseiten auf ewig festgehalten werden.

 

Plötzlich war sie da. Die Einheit. Grenzenlos. Nicht esoterisch abgehoben, sondern bodenständig, zum Greifen nah. Ich verstand plötzlich, was Petros meinte, als er sagte, man müsse kein Hindu sein, um in Sanskrit zu Gott zu singen. Denn Einheit ist nur durch das Überwinden von Grenzen möglich. Dazu gehören die Grenzen der Religionen genauso wie die von Nationen oder der eigenen Konzepte und Glaubenssätze. An diesem Nachmittag ist es uns gelungen diese Grenzen für einen Moment lang hinter uns zu lassen.

 

to be continued…

 

 

Ihr wollt Euch die Eindrücke dieser Pilgerreise nicht entgehen lassen? In unserer Facebook Gruppe und auf unserer Instagram Seite könnt ihr Live Eindrücke sammeln und Euch mitreißen lassen. Let’s hang!

3 Comments

LEAVE A COMMENT